Jonas Lauströer

Jonas Lauströer

Jonas Lauströer studierte von 2001-2006 Diplomdesign mit der Fachrichtung Illustration an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) in Hamburg. Seine Diplomarbeit Die Kunst des Fliegens (2006), für die er sich mit der Darstellung von Vögeln beschäftigte, stellt einen entscheidenden Punkt in seiner Laufbahn als Illustrator von Bilderbüchern dar. Durch die Präsentation der Diplomarbeit im Annual der Buchmesse Bologna gewann er die Aufmerksamkeit des Verlegers Michael Neugebauer von minedition und legte damit den Grundstein für eine langjährige und erfolgreiche Zusammenarbeit. Mit der aus der Diplomarbeit entstandenen Illustration zu Wilhelm Buschs Hans Huckebein (2010) gewann Lauströer den Nachwuchspreis der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur.

"Ob in der Totalen oder im Detail, mit faszinierender Ausdruckskraft und Lebendigkeit trifft der Künstler kongenial den ironischen Sprachwitz des Autors und begleitet das Schicksal des boshaften »Unglücksraben« […]. Damit ist ihm eine ideale Verbindung von Text und Bild gelungen, die man in ihrer spezifischen Andersartigkeit mit dem 'Original' aus dem 19. Jahrhundert durchaus vergleichen kann" (Franz 2010).


Seinen Zeichnungen wohnt ein harter Realismus inne, der durch surreal und phantastisch wirkende Momente gebrochen wird. Durch seinen Detailreichtum und das karge Farbspektrum aus Grau- und Beigetönen wirkt die abgebildete Welt unwirklich, seine darin lebenden Figuren sind vom Überleben in ihr gezeichnet. Besondere Aufmerksamkeit schenkt er den Gesichtern seiner tierischen wie menschlichen Figuren. Durch die expressive Mimik gelingt Lauströer die Verbindung von Text und Bild nicht nur auf der Handlungs-, sondern besonders auch auf emotionaler Ebene.

Eine Eigenheit seines Werkes ist das Interesse an der Darstellung von Tieren, im Besonderen an Tieren in Bewegung wie in Hans Huckebein. So zum Beispiel in dem im Jahr 2012 veröffentlichten Bilderbuch Reinecke, der Fuchs (Text von Renate Raecke). Die Geschichten des berühmten, neckischen Fabelfuchses werden von Lauströer gekonnt in Bilder übertragen. Für seine Illustration erhielt Lauströer 2013 den Troisdorfer Bilderbuchpreis. Die Begründung der Jury betont gerade Lauströers Fähigkeit, Bewegungen darzustellen:

"Seine [Illustrationen], die seine Nähe zur Animation erkennbar machen, lassen die Tiere scheinbar filmisch im Bewegungsablauf durch die Szene ziehen" (Stücke 2013).


Seiner Bibliografie kann man aber nicht nur das Interesse an Illustrationen von Tieren, sondern auch von Texten aus dem 18. und 19. Jahrhundert entnehmen: Für Lauströer besteht ein Reiz in der Aktualisierung von Inhalten, die im kollektiven Gedächtnis verankert sind. So illustrierte er im Buch Mondschein über dem Deich (2018) Texte wie die Grimm’sche Erzählung Hase und Igel (2015) oder diverse Märchen und Geschichten von Theodor Storm. Ebenfalls illustrierte er 2012 eine von Renate Reacke nacherzählte Version des Märchens Der Fischer und seine Frau. Anders als bei den vorher betrachteten Werken zeigen die Illustrationen hier primär Menschen. Lauströer zeigt mit seinen Illustrationen, wie sehr die Frau des Fischers ihren Realitätsbezug verliert, indem er sie beispielsweise als Queen Elisabeth II darstellt oder als gottgleiche Figur, die umgeben vom hellen Licht über einem ihr untergebenen Publikum steht. Gleichzeitig vermittelt Lauströer aber gekonnt auch „Botschaften, die über das Wort hinausreichen“ (Brillmann-Ede 2020, S. 12), indem die dargestellte Umwelt sich im Verlauf der Geschichte und immer drastischeren Größenwahns der Fischersfrau durch diverse Arten von Umweltverschmutzung stetig düsterer wird.

Lauströer arbeitet nicht nur freiberuflich als Illustrator für Bilderbücher, sondern auch für Wissenschaftsillustrationen und Zeitschriften wie das Greenpeacemagazin. In einem Interview erklärte er, dass er die Bilderbuchillustration als Liebhaberprojekte versteht, von denen alleine er leider nicht leben könne.

Teil seiner Arbeit sind darüber hinaus beispielsweise auch Animationen, die u. a. wissenschaftlichen Zwecken dienen. Ein solches Projekt entstand – wie Hans Huckebein – durch seine Diplomarbeit: Hunde in Bewegung (2011) von Martin S. Fi-scher und Katrin E. Lilje zeigt mit Hilfe von Illustrationen und Animationen von Lauströer und seinem Kollegen Amir Andikfar Bewegungsabläufe von Hunden, u. a. durch eine für diesen Zweck erstellte virtuelle Marionette. 2016 wurde das Buch mit dem Excellence Award für Wirtschaftsillustrationen ausgezeichnet. In den letzten Jahren arbeiteten Lauströer und Andikfar wieder in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Fischer an der virtuellen Rekonstruktion des Urpferdes. In der Ausstellung Urpferd 2.0, die zuletzt im Museum König in Bonn zusehen war, konnte mit Hilfe der Animationen gezeigt werden, wie das Urpferd ausgesehen und sich bewegt haben könnte.

Bei der Anfertigung seiner Illustrationen greift Lauströer immer wieder auf die Erfahrungen zurück, die er durch solche Animationsprojekte sammeln konnte. Einem seiner jüngsten illustrierten Bilderbücher, Das Elefantenkind (Text von Rudyard Kipling), liegt zum Beispiel eine Arbeit zum Thema Biomechanik von Elefantenrüsseln zugrunde. Kiplings Geschichte folgt einem Elefantenkind, das zu einer Zeit geboren wird, in der Elefanten noch keinen Rüssel hatten, und im Verlauf seines von kindlicher Neugier geprägten Abenteuers einen Rüssel bekommt. Lauströer nutzt dabei seine wissenschaftlichen Einblicke in die Anatomie für seine Illustration.

Katharina Esser